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Metalyrik
Gedichte über das Schreiben und andere Gedanken



Weißes Blatt
Verzeih!
dass ich Dich
entehre
Mit krakeliger Schrift
Dein Potential
schamlos für mich
begehre
Banne Dich
für alle Zeit
auf einen Zweck
und Sinn
Ich wollte nicht
um alles Geld
dass mir dergleichen
widerfähre
Und doch scheint mir
dass ich schon längst
mit engen, dünnen Zeilen
von wem
beschrieben werde


****

Es summt ein Vers
durch meinen Kopf
ich kann ihn nicht
erhaschen
Ich hab´ den Bauch
mir vollgestopft
genau wie meine
Taschen
Ich fürcht´ die Muse
bleibt mir fremd
falls ich nicht
verzichte
auf alles und
mein letztes Hemd
Satt schreibt man nicht
Gedichte

****

Ach, liebste Muse
zarte Frau
komm beug Dich
zu mir her
Mit weichen Lippen
hauche dann
die Worte mir
ins Ohr
mit denen ich beschreiben kann
was nie zuvor -
was jemals wird -
was immer war -
Du siehst
ich stammle nur
mir fehlt die Kraft
klar zu erfassen
was uns quält
die eine Macht
die jeden hier
mit festem Griff
gefangen hält
Ich wag´s
und nenn´ sie kurz:
Das Unrecht
dieser Welt

****


Goethe geht.
"Tötet Goethe!", kräht Kröte
Kröte geht, Goethe zu töten
Kröte greift Gräte, Goethe zu töten
Goethe greift Kröte (mit Gräte, Goethe zu töten)
Goethe tötet Kröte mit Kröte´s Gräte, Goethe zu töten
"Goethe!" kräht Kröte, "Tötet Goethe!"
Goethe geht, Jandl zu töten

****

Blöde Ballade

Dunkle Kleidung
dünnes Haar
Alles in allem
unscheinbar
mal´ ich mir
gerade aus
wie ich läut´
am eig´nen Haus.
Dreimal drück ich
auf den Knopf
dann erscheint
im Spalt ein Kopf
dran der Mensch
hält noch den Fön
"Mein Gott", denk´ ich
"Ist der schön!"
Plötzlich hör´ ich
wie ich sage:
"Tschuldigung,
ich hätte eine Frage"
"Bitte", sagt
der nette Mann
"wenn ich Ihnen helfen kann..."
"Ich wüsste gern
den einen Sinn
die Antwort darauf
wer ich bin
was ich hier tu´
und was ich soll
warum die Welt
so kummervoll."
"Ach wissen Sie,
mein lieber Herr,
die Antwort darauf
ist nicht schwer:
der eine Sinn
ist gut zu essen
und wer Sie sind
ist an mir zu messen
was Sie hier tun
ist Zeitverschwendung
was Sie sollen
wär´ edle Wendung
und die Welt
bleibt was sie ist:
ein großer Haufen
Göttermist!"
So könnte ich
mich leicht bequemen
der Philosophen
große Themen
auf einmal
aus der Welt zu schaffen
glaubte ich
dem blöden Affen
den täglich ich
im Spiegel seh´
wenn ich frühmorgens
pinkeln geh´.
Jedoch dafür
bin ich zu weise
und denk an Sokrates,
ganz leise.
Ich weiss, dass auch
mein zweites Ich
um nichts gescheiter ist
als ich.